Ein gerechter Krieg? Israel und die Bedrohung aus dem Iran

Vortrag vom 3. Juli 2025 anlässlich einer Veranstaltung der Deutsch-Israelischen Gesellschaft in Münster

Vier verschiedene Fotos von iranischen Graffiti, die Unterstützung für Israel ausdrücken

Von Matthias Küntzel

Münster, 3.Juli 2025

Noch vor wenigen Wochen war das iranische Regime ein nuklearer Schwellenstaat und Israel in seiner Existenz bedroht. Das iranische Atomwaffenprogramm schwebte wie ein Damoklesschwert über dem Nahen Osten. Niemand konnte zuletzt die Möglichkeit ausschließen, dass Regime von heute auf morgen einen Atomtest zündet und plötzlich unangreifbar wird.

Heute ist diese Gefahr vorerst gebannt. Heute kann ich erstmals mit einer Spur Erleichterung über dieses Thema sprechen. Das Regime hat den Status, eine Atomwaffenmacht auf Abruf zu sein, zunächst einmal verloren. Israel ist heute nicht länger unmittelbar in seiner Existenz bedroht. Das islamistische Regime kann zwar weiterhin das eigene Volk unterdrücken und tut dies derzeit verstärkt. Doch immerhin ist es außenpolitisch, auch durch den Fall seiner Proxies und den Sturz von Assad, erheblich geschwächt. Das ist unterm Strich eine gute Nachricht für den Nahen Osten, für uns in Europa und für die Welt.

Ich möchte im Folgenden erstens in Erinnerung rufen, warum das iranische Atomwaffenprogramm unbedingt und auch weiterhin verhindert werden muss. Ich möchte zweitens die stürmischen und weltverändernden Ereignisse der letzten 20 Monate in Erinnerung rufen und drittens einige der globalen Auswirkungen, die sich aus diesen Ereignissen ergeben, zumindest skizzieren.

Warum darf das iranische Regime keine Atommacht werden?

Mein erstes Argument hat mit der Rolle der Religion zu tun. Nehmen wir als Beispiel den als “pragmatisch” geltenden Präsidenten des Iran, Masoud Pezeshkian. Er erklärte im Mai dieses Jahres: “Für uns ist der Märtyrertod weitaus süßer, als im Bett zu sterben.” Welche Auswirkungen haben aber Atomwaffen in den Händen von Menschen, die den Märtyrertod als etwas Süßes betrachten?

Ein ehemaliger Präsident, Haschemi Rafsandschani, ebenfalls ein Vertreter der “pragmatischen” Fraktion, gab auf diese Frage eine Antwort. Im Dezember 2001 erklärte er, dass “der Einsatz auch nur einer Atombombe in Israel alles zerstören wird”. Ein nuklearer Gegenschlag hingegen “würde der islamischen Welt nur schaden. Es ist nicht irrational, eine solche Eventualität in Betracht zu ziehen”.

Rafsandjani führte eine makabre Kosten-Nutzen-Analyse durch. Es ist nicht möglich, Israel zu zerstören, ohne einen nuklearen Gegenschlag auszulösen. Aber die Kosten dieses Gegenschlags sind seiner Meinung nach für den Islam erträglich, selbst wenn ungezählte Iranerinnen und Iraner “süß” bei draufgehen sollten. Dieser Preis sei nicht zu hoch.

Dieses Beispiel zeigt, dass bei einem von religiösen Leidenschaften geprägten Regime alle Hoffnungen auf Rationalität und Überlebenswille auf Sand gebaut sein könnten. Dies schränkt die Erfolgsaussichten einer Politik der Eindämmung und Abschreckung, die während des Kalten Krieges gegenüber der Sowjetunion noch erfolgreich war, massiv ein.

Mein zweites Argument hat mit den expansiven Ambitionen des iranischen Regimes zu tun. Die islamische Republik ist ausweislich ihrer Verfassung keine Status Quo-Macht, wie zum Beispiel Saudi-Arabien, sondern eine Macht, die die Welt revolutionär verändern will. Wir reden nicht zufällig von einem “Revolutionsführer” und von “Revolutionären Garden”.

“Die Nuklearisierung Irans”, rief 2007 der damalige iranischen Präsident Mahmoud Ahmadinejad seinen Anhängern zu, “ist der Beginn einer grundlegenden Veränderung in der Welt.” Sie werde “in den Dienst derer gestellt, die entschlossen sind, den brutalen Mächten und Aggressoren entgegenzutreten.” Wie die Frankfurter Allgemeine kürzlich berichtete, soll die iranische Führung tatsächlich “geplant haben, Atomwaffen an ihre Schattenarmeen weiterzugeben.” (Nikolaus Busse, Israel braucht Trump, FAZ, 16. Juni 2025) Terror und Plutonium und Eroberungsphantasien: Das ist der absolute Alptraum.

Mein drittes Argument hat mit dem Antisemitismus dieses Regimes zu tun. Es gibt für den Israelhass dieses Regimes keinen rationalen Grund. Israel und Iran haben weder ein Grenzproblem noch ein Flüchtlingsproblem. Beide Länder pflegten zwischen 1948 und 1979 gute Beziehungen. Dies änderte sich schlagartig mit der islamistischen Revolution: Khomeini, ihr Führer wurde seit den Dreißigerjahren vom Antisemitismus der Nazis beeinflusst und beschimpfte in Texten und Reden seit den Sechzigerjahren auch öffentlich “die Juden”.

Dieser offene Antisemitismus wurde nach 1979 etwas eingeschränkt, jedoch umso mehr auf Israel konzentriert. Die Auslöschung Israels ist seither des Regimes wichtigstes außenpolitische Ziel. Diese Leidenschaft, den jüdischen Staat zu zerstören, beruht auf einem religiös inspirierten Hass auf Juden und den Staat Israel. Schon ohne Atomwaffen, hat dieses Regime die Region mit Terror, Krieg und Chaos überzogen. Mit Atomwaffen würde sich aber ausgerechnet das Regime als unangreifbar fühlen, das als einziges Land der Welt den Holocaust leugnet und offen erklärt, ein Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen auslöschen zu wollen.

Es ist weniger die Technologie, die das iranische Atomprogramm so extrem gefährlich macht, als vielmehr die religiöse und ideologische Motivation, die hinter dem nuklearen Begehren steckt: jene Mischung aus Paradieshoffnung und waffenfähigem Uran, Holocaust-Leugnung und High-Tech-Labor, Antisemitismus und Raketenwissenschaft. Nur im Iran ist die schiitische Fantasie der religiösen Vorsehung mit der Physik der Massenvernichtung vereint. Hier nur könnte die zerstörerische Kraft der Bombe mit dem Zorn des Heiligen Krieges zusammenkommen.

Es war und es ist deshalb richtig, darauf zu bestehen, dass die iranische Bombe um jeden Preis verhindern werden muss.

Der jüngste Krieg begann am 7. Oktober

Damit komme ich zum sogenannten Zwölf-Tage-Krieg, der offiziell am 13. Juni begann. Doch der eigentliche Anfangspunkt dieses Krieges war der 7. Oktober 2023. Ich hoffe, dass Historiker später einmal feststellen werden, dass dieses schreckliche Massaker an 1.200 Israelis der Anfang vom Ende des schiitischen Islamismus und der Islamischen Republik Iran gewesen ist.

Es war ein Massaker, dass gänzlich unprovoziert war und hauptsächlich verhindern sollte, dass sich das saudisch-Israelische Verhältnis normalisiert. Teheran wurde zwar von diesem Angriff überrascht, feierte ihn aber und interpretierte den “Erfolg” dieses Massakers als ein Zeichen, dass Israel verwundbar und besiegbar sei.

Also begann einen Tag später, am 8. Oktober 2023 auch die Hisbollah, Israel mit Raketen zu beschießen. Es folgten die Houthis aus Jemen, die Israels Süden beschossen und schließlich griffen auch die mit Iran befreundeten Milizen aus dem Irak und Syrien die Israelis an. Das war der berühmte ring of fire, den Teheran sorgfältig vorbereitet hatte, um Israel in die Knie zu zwingen. Israel musste sich gleichzeitig an all diesen Fronten zur Wehr setzen und hatte viele Opfer zu beklagen. So wurden bis heute allein im Gaza-Krieg über 880 IDF-Soldaten getötet.

Erst am 17. September 2024 kam es zu einem Wendepunkt im Kriegsgeschehen, als Tausende Pager, also Walkie-Talkie-Geräte, die die Hisbollah nur an ihre Kader ausgegeben hatte, gleichzeitig explodierten. Dies war eine über Jahre vorbereitete Geheimdienstoperation, die die Hisbollah-Kader schockierte und irritierte, zumal Israel kurz darauf, am 27. September auch den legendären Führer der Hisbollah, den eingefleischten Antisemiten Hassan Nasrallah, töten konnte.

Nach diesen demoralisierenden Schlägen gegen die Hisbollah kippte im Dezember 2024 der nächste Dominostein: Bashar -al Assad hatte sich in Damaskus nur mithilfe der Hisbollah, also des Iran, an der Macht halten können. Jetzt aber war die Hisbollah zu geschwächt, um dem Ansturm der islamistischen, aber iranfeindlichen HTS-Milizen (Hai’at Tahrir asch-Scham) unter Führung von Ahmed al-Sharaa, standzuhalten.

Assad floh nach 24-jähriger Terrorherrschaft nach Moskau. Israels entschiedener Kampf gegen die Hisbollah hatte also eine Kettenreaktion ausgelöst, Syrien von Assad befreit und den ring of fire durchlöchert und geschwächt. Zweimal, Anfang April und Anfang Oktober 2024 griff das iranische Regime Israel auch direkt mit Drohnen und Raketen an und provozierte gezielte Gegenschläge der IDF.

Im Januar dieses Jahres begann die zweite Amtszeit von US-Präsident Donald Trump. Drei Monate später begannen die Versuche der USA, das Regime auf dem Verhandlungsweg zu einem Verzicht auf die waffenrelevante Urananreicherung zu bewegen. Das iranische Regime machte pro forma mit, um Zeit zu gewinnen und um Israel zumindest in diesem Zeitraum von einem Militärschlag abzuhalten. Beim Thema Urananreicherung blieb es jedoch stur.

Trump hatte seinen Verhandlungsversuch auf 60 Tage begrenzt. Am 12. Juni 2025 lief das von ihm gesetzte Ultimatum für eine Verhandlungslösung aus. Am Folgetag, Freitag, der 13. Juni, griff Israel, ohne dass die USA hierfür grünes Licht gegeben hätten, an. Die Hintergründe dieses Angriffs beschreibt ein profilierter Kritiker von Benjamin Netanjahu, der Herausgeber der Times of Israel, David Horovitz, wie folgt:

“Das iranische Regime war in den letzten Monaten zunehmend davon überzeugt, dass es bald in der Lage sein würde, Israel zu vernichten. Die ,Israels-Zerstörung-Uhr’ auf dem Palästina-Platz in Teheran war keine Prahlerei. Es war ein öffentlicher Countdown für das, was die Ayatollahs als den bevorstehenden Untergang Israels durch ihre Hand betrachteten. Neben der Enttäuschung darüber, dass Yahya Sinwar es versäumt hatte, sich vor der Invasion Südisraels am 7. Oktober 2023 mit ihnen abzustimmen und zu koordinieren, schöpfte das Regime Mut aus dem Erfolg dieses Massakers, das die Verwundbarkeit Israels bestätigt und eine anhaltende Instabilität in Israel verursacht hatte. Die Vernichtung Israels, so schätzte das Regime erfreut ein, stand wirklich kurz bevor. Und Tatsache ist, so apokalyptisch dies auch klingen mag, dass diese Einschätzung vernünftig war. Das ist das nüchterne, ehrliche Urteil der Militär- und Sicherheitschefs, die Israels politischen Führern in den letzten Monaten sagten, dass Israel gegen den Iran in den Krieg ziehen müsse, vorzugsweise im Juni und auf keinen Fall viel später. Dass Ende 2025 zu spät wäre. Dass es jetzt oder nie sei. Dass der Iran nur noch wenige Wochen von der Entscheidung und dem Besitz von Atomwaffen entfernt sei. Und dass die schnell wachsende ballistische Raketenkapazität des Regimes ebenfalls rasch zu einer existenziellen Bedrohung werde.” (David Horovitz, Israel was facing destruction at the hands of Iran, in: The Times of Israel, June 30, 2025)

Netanjahu hörte auf seine Militär- und Sicherheitschefs

Gegen drei Uhr in der Frühe des 13. Juni griff Israel mit mehr als 200 Kampfflugzeugen mehr als 100 Ziele im Iran an. Schon in den ersten Kriegsminuten wurden dank intensivster geheimdienstlicher Vorbereitungen die oberste militärische Führungsriege des Regimes ausgeschaltet sowie die wichtigsten iranischen Atomwaffenforscher in ihren Privatwohnungen getötet.

Israels Agenten im Iran hatten “hoch entwickelte Waffensysteme in der Nähe iranischer Raketenabwehranlagen platziert, die in der Nacht zum Freitag dann aktiviert wurden”, berichtete die FAZ. “Außerdem habe der Mossad auf iranischem Boden eine Drohnenbasis errichtet. Die Drohnen hätten iranische Raketenabschussanlagen außer Gefecht gesetzt und Angriffe auf iranische Militärs durchgeführt.” (Friederike Böge und Christian Meier, Die Drohnen waren schon da, in: FAZ, 14. Juni 2025).
Es war ein wahrer Husarenstreich, der den Israelis hier geglückt war und der ohne ein großes Netz von Israel-Unterstützern innerhalb Irans nicht möglich gewesen wäre.

Angesichts dieser frühen israelischen Erfolge begann nun auch US-Präsident Donald Trump Israels Angriff politisch – und nach einigen Tagen des Zögerns – auch militärisch zu unterstützen. Am 22. Juni griffen schließlich die USA ein, um in erster Linie über der tief in Granit gelagerten Anlage Fordow einige der über 13 Tonnen schweren Bunkerbrecher-Bomben abzuwerfen. Trump teilte den Iranern über inoffizielle Kanäle mit, dass sich um einen begrenzten Schlag gehandelt habe und keine weiteren geplant seien. Am 24. Juni setzte Trump eine beidseitige Waffenruhe durch, die am 25. Juni 2025 in Kraft getreten ist und seither hält.

Es war völlig klar, dass das Gespann Israel/USA diesen Krieg haushoch gewonnen hatte: Israel hatte nach wenigen Stunden die volle Lufthoheit über Teheran. Es hatte weder einen Flieger noch einen Soldaten verloren. Gleichwohl traf es Israels Bevölkerung hart.

Israel wird beschossen

Die Auswirkungen der iranischen Angriffe auf Israel waren heftig. So wurden auf das kleine Land während des 12-Tagekriegs 550 Raketen und 1000 Drohnen abgefeuert. Obwohl über 90 Prozent dieser Geschosse abgefangen werden konnten, schlugen 31 der Raketen in bewohntes Gebiet ein und töteten 28 Zivilisten.

Über 3.200 Menschen wurden verletzt, davon 23 schwer. 9.000 Menschen mussten aus ihren Wohnungen evakuiert werden; es gab schreckliche Bilder aus israelischen Städten und Dörfern, die man so noch nie gesehen hatte.

Die IDF hatte in ihren Planspielen jedoch mit schlimmeren Konsequenzen gerechnet. Sie ging davon aus, dass Teheran innerhalb der ersten 15 Minuten 300 Raketen auf Israel abschießen würde und deshalb überall in Israel Alarm ausgerufen. Doch das Regime wog sich in Sicherheit und wurde von Israels Angriff tatsächlich vollständig überrascht. Es brauchte 18 Stunden, bevor es in der Lage war, gegen 21:00 Uhr seinen ersten Angriffe auf Israel zu starten.

Während der folgenden Tage konnte das israelische Raketenabwehrsystem immerhin 90 % der iranischen Geschosse abfangen. Ohne dieses System hätte es Tausende Tote in Israel gegeben. Im Iran hatte der zwölf-tägige Einsatz nach offiziellen Angaben 627 Zivilisten getötet und fast 4.900 Menschen verletzt.

Gleichwohl gratulierte der iranische Revolutionsführer am 26. Juni seinem Volk zum “Sieg” über Israel und den USA. Das zionistische Regime sei ihm zufolge fast ausgelöscht worden. Die USA hätten intervenieren müssen, um es zu retten. “Wir haben Amerika einen kräftigen Schlag ins Gesicht versetzt”, so Khamenei. (Khamenei Declares ,Victory’ Over Israel And America, MEMRI # 12105, June 26, 2025) Wenn Teherans Siege so aussehen, möchte man den iranischen Herrschern noch viele solche Siege wünschen.

Diese Erklärung des greisen Revolutionsführers belegt, dass von der Islamische Republik Iran nur noch ein Schatten ihrer selbst übrig ist. Die erwiesene Unfähigkeit, das Land zu verteidigen hat das Regime noch verhasster gemacht. Zu Beginn des Krieges tauchte in Teheran ein Graffiti auf mit der Botschaft: “Danke Israel. Schlagt hart zu und überlasst den Rest uns!” Dieser Satz enthalte die Stimmung von Millionen Iranerinnen und Iranern, erklärte mir ein Insider. Und in London waren bei einer Demonstration zugunsten des Regimes keine Iranerinnen oder Iraner dabei, sondern nur Vertreter der britischen radikalen Linken. “Überlasst den Rest uns” – ein Regimechange liegt in der Luft. Die Frage ist nicht länger, ob er kommt, sondern wann er kommt.

Globale Folgen

Halten wir fest: Israel, ein Land von der Größe Hessens, besiegte die Führung eines Landes, das 75 mal so groß ist und neunmal mehr Einwohner hat wie Israel; ein Land das zudem 1.800 Kilometer entfernt ist. Im Boxsport würde man sagen: Es war vielleicht kein K.O.-Sieg, aber ein eindeutiger Sieg nach Punkten. Der Historiker Benny Morris spricht zu Recht von einem Wendepunkt in der Geschichte des Nahen Ostens mit bedeutsamen Auswirkungen für die Weltpolitik.

Was bedeutet Israels Sieg für den Nahen Osten? Hier war Teheran bisher der Unruhestifter par excellence, der die Region mithilfe seiner Schattenarmeen gezielt destabilisiert hat. Damit ist es vorbei. Anders als das alte Syrien wird das neue Syrien iranische Waffenlieferungen an die Hisbollah nicht zulassen. Stattdessen steht die Möglichkeit eines Beitritts von Syrien und dem Libanon zu den Abraham Accords im Raum.

Die Golf-Staaten haben Israels Angriff pflichtschuldig verurteilt und gleichzeitig zu erkennen gegeben, wie sehr sie sich über diese Entwicklung freuen. Hier tun sich Chancen für eine friedliche Entwicklung auf, aber ob sie ergriffen werden, ist offen. Gleichzeitig erhöht sich die Gefahr, dass der sunnitische Islamismus von Recep Tayyipp Erdogan als der lachende Dritte aus dieser Auseinandersetzung hervorgeht.

Was bedeutet dieser Sieg für den Islamismus in der Welt? Seit der Demütigung des Westens in Afghanistan und seit dem erzwungenen Rückzug des Westens aus der afrikanischen Sahel-Zone ist der globale Islamismus wieder im Aufwind. Man kann derzeit nur hoffen, dass die iranische Niederlage diesen Trend stoppen wird. Der sunnitische Islamismus – also ISIS, al Qaida etc. – hatte sich als Reaktion auf den schiitischen Islamismus der Iraner formiert. Deshalb ist zu hoffen, dass mit dem Niedergang des schiitischen Flügels auch der sunnitische an Kraft verliert.

Was bedeutet Israels Sieg für die Achse, die Russland, China, Nordkorea und den Iran verbindet? Diese Achse wurde deutlich geschwächt. Während der Iran den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine massiv unterstützt, hielt sich Russland beim Krieg gegen Irans Atomanlagen auffällig zurück. Die “Solidarität” beschränkte sich, ebenso wie im Fall der VR China, auf einige müde Erklärungen.

Es ist jetzt schon erkennbar, dass die Widersprüche zwischen Moskau und Teheran zunehmen werden. So wurde der Beschluss des iranischen Pseudo-Parlaments vom 25. Juni, den Wiener Kontrolleuren der IAEA keinen Zutritt zu iranischen Atomanlagen zu gewähren, vom russischen Außenminister sehr deutlich kritisiert. Dennoch wurde dieser Beschluss kurz darauf vom iranischen Wächterrat abgesegnet und vom iranischen Präsidenten verkündet.

War diese also ein gerechter, ein gerechtfertigter Krieg? Ich meine: Ja. Dieser begrenzte und gezielte Kampfeinsatz war notwendig, um Schlimmeres zu verhindern.

Hätten Europas Großmächte schon in den Dreißigerjahren Krieg gegen die Nazis geführt, wären die Katastrophen, die dann folgten, wohl verhindert worden. Ich bin davon überzeugt, dass auch jetzt die Militärschläge gegen Irans Atomprogramm das Schlimmere, die iranischen Bombe, vorerst verhindert haben. Als Atomwaffenmacht hätte dieses fanatische islamistische Regime seinen Terror nach innen und nach außen grenzenlos eskalieren können. Da ist es allemal besser, heute einen begrenzten Krieg zu führen, als morgen einen unbegrenzten.

Auch wenn es keine K.O.-Sieg gegen das Regime gewesen ist, haben sich doch die Voraussetzungen für eine erfolgreiche nächste Runde erheblich verbessert.

Bild: Anti-Regime-Graffiti in Iran in 2024: “Israel, greife sie an”, “Ihr werdet es beginnen, wir werden es in den Straßen fortführen”, “Schlag sie, Israel, die Iraner stehen hinter dir”, “Bombardiert das Büro des Führers”. Quelle Yoseph Haddad/X, Abu Ali Express.