Matthias Küntzel

Die Deutschen und der Iran

Geschichte und Gegenwart einer verhängnisvollen Freundschaft

Buch: Die Deutschen und der Iran

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Inhalt:

Einleitung

Teil I Das Kaiserreich, die Nazis und Iran
Kapitel 1 Der persische Korridor
Kapitel 2 Persien, der Kaiser und der Djihad
Kapitel 3 Deutschland als Gründer der persischen Industrie
Kapitel 4 Arischer Mythos und Zwölfter Imam
Kapitel 5 Eichmann und die Juden in Iran
Kapitel 6 Deutschland und Iran im Zweiten Weltkrieg

Teil II Die Bundesrepublik und der Schah
Kapitel 7 Kein 8. Mai in Teheran
Kapitel 8 Westdeutschland und Mohammed Reza

Teil III Ideologie und Praxis der khomeinistischen Revolution
Kapitel 9 Die Anfänge des Islamismus in Iran
Kapitel 10 Khomeini
Kapitel 11 Religiöser Krieg
Kapitel 12 Die Kinder der Minenfelder

Teil IV Die Bundesrepublik und das Mullah-Regime
Kapitel 13 Der schöne Sadegh
Kapitel 14 Genscher in Teheran
Kapitel 15 Von Salman Rushdie zu Ayaan Hirsi Ali
Kapitel 16 Mykonos – die Stunde der Wahrheit
Kapitel 17 Die deutsch-amerikanische Kluft
Kapitel 18 Khatami und die „Berliner Konferenz“
Kapitel 19 Ahmadinejad: „Wir lieben die Deutschen!“
Kapitel 20 Kanzlerin Merkel: „Historische Verantwortung“

Teil V Berlin und der Atomstreit mit Iran
Kapitel 21 Der nukleare (Alp)traum
Kapitel 22 „Schutzschild“ für Iran
Kapitel 23 Sanktionen: „Der Westen ist gespalten“
Kapitel 24 Im Taumel der Geschichte

Auszug aus der Einleitung zu “Die Deutschen und der Iran”:

(...) Mein Erkenntnisinteresse galt nicht nur den empirischen Fakten der Zusammenarbeit, sondern besonders den kohäsiven Wirkungsfaktoren, die die Intensität dieser Zusammenarbeit begründen. Ich wollte wissen, wie der Kitt beschaffen ist, der die „rätselhafte Liebesbeziehung zwischen Deutschland und Iran“, zusammenhält, die, so Josef Joffe, bis zum Anfang des letzten Jahrhunderts zurückreicht und seither „jeden Krieg, jeden Umbruch, jede Revolution überstanden hat.“

Teil eins und Teil zwei des Buchs beschreiben, wie es zu dieser besonderen Beziehung kam. Schon im Ersten Weltkrieg ließ sich Kaiser Wilhelm II von traditionellen Schiiten als „Hajj Wilhelm Mohammed“ und als Held im Kampf gegen Persiens Erzfeinde Russland und Großbritannien feiern. Zwei Jahrzehnte später griffen schiitische Geistliche auf diese Deutschlandbegeisterung zurück. Jetzt wurde Adolf Hitler als Nachkomme Mohammeds und als schiitischer Messias entdeckt. Die besonders engen Beziehungen aus der Zeit des Nationalsozialismus wirken nach. So hat Hashemi Rafsandjani, der ehemalige iranische Präsident, noch in 2008 die „strategische Allianz zwischen den beiden Ländern im Zweiten Weltkrieg“ als Vorbild für die Gegenwart gerühmt.

Der dritte Teil – meine Abhandlung über die „Ideologie und Praxis der khomeinistischen Revolution“ – ist aus gutem Grund zentral platziert. Es geht mir darum, Khomeinis besondere Sichtweise auf die Welt anhand der übersetzten Originaltexte so genau wie möglich nachzuvollziehen. Nur so lässt sich die Logik, die hinter Ahmadinejads Tiraden steht, erschließen. Was dem oberflächlichen Beobachter abstrus und lächerlich erscheinen mag, erweist in diesem Zusammenhang seinen gefährlichen Sinn. Als Fallbeispiele khomeinistischer Praxis habe ich die Besetzung der amerikanischen Botschaft von 1979 sowie den Einsatz iranischer Kinder auf den Minenfeldern im Krieg zwischen Irak und Iran ausgewählt – zwei Ereignisse, die bei mir anders, als landläufig üblich interpretiert werden.

Der vierte Teil beschäftigt sich mit den bilateralen Beziehungen seit 1979. Wie haben Bundesregierung und Bundestag aber auch Parteien, Institutionen, Intellektuelle, Medien und Künstler in diesen drei Jahrzehnten auf den Khomeinismus und dessen Praxis – die innenpolitische Repression, die Affäre Salman Rushdie, die Morde im Berliner Mykonos-Restaurant – sowie auf dessen Ideologie – zum Beispiel Antisemitismus, Israelhass und Holocaust-Leugnung – reagiert? Mit diesem Buchabschnitt betrete ich Neuland. Über jene dreißig Jahre liegt auch international keine Ausarbeitung vor.

Der fünfte Teil befasst sich mit der Geschichte des Atomkonflikts. Meine Darlegung konzentriert sich auf die Diplomatiegeschichte des Nuklearkonflikts – eine Geschichte, die mehr mit den Differenzen innerhalb des westlichen Lagers als mit Differenzen zwischen dem Westen und Iran zu tun hat. Ich beleuchte hier die besondere Rolle, die in diesem Zusammenhang der grüne Außenminister Joschka Fischer spielte. (...)