Welche Schuld hat Deutschland am Jugoslawienkrieg?

Eröffnungsbeitrag anläßlich der Veranstaltung „Welche Schuld hat Deutschland am Jugoslawienkrieg“ am 26. April 2001 in Braunschweig

Von Matthias Küntzel

April 2001

Ich bin den Veranstaltern und insbesondere Helmut Käss dafür dankbar, dass sie das auf den ersten Blick vielleicht abstrus anmutende Thema: „Welche Schuld hat Deutschland am Jugoslawienkrieg“ für heute abend in den Mittelpunkt gerückt haben.

Auf der einen Seite ist die Faktenlage über Deutschlands Rolle im Vorfeld dieses Krieges ganz eindeutig. Hier kommen Brigadegeneral Loquai, der kürzlich vom IPPNW für seine Studie über den Kosovo-Krieg geehrt wurde und und der aus dem Inneren des OSZE-Apparats heraus analysierte und mein Buch, dass von außen an diesen Konflikt heranging und besonders die einschlägigen englisch-sprachigen Publiktionen rezipierte, zu ein und demselben Schluß: „Zu einer Zeit“, schreibt General Loquai und ich stimme ihm darin zu, „als die anderen Nato-Mitgliedsländer noch nicht daran dachten, machte sich die deutsche Politik zu einer Speerspitze für einen direkten militärischen Einsatz im Kosovo.“

Dies ist von der Faktenlage her nicht zu bestreiten: Deutschland bildete 1998 die Speerspitze der Kriegsbefürwortung. Und doch wird gerade darüber bei uns nicht gesprochen. Warum ist stattdessen die Fama vom gutgläubigen deutschen Michel, der von den Machtmenschen in Washington cowboyhaft überrumpelt wurde und in fünfzehn Minuten zwischen Krieg und Frieden eine Entscheidung fällen musste, geradezu unversehrt in das kollektive Gedächtnis eingegangen?

Hat die reale Dominanz der USA während der Bombardierung Jugoslawiens alle Erinnerungen an die Vorgeschichte dieses Krieges getilgt? Werden den USA absichtlich alle Schuld an diesem Krieg in die Schuhe geschoben, um in der europäischen Öffentlichkeit um so wirksamer für den Aufbau des neuen europäischen Militärblocks zu werben? Oder steckt hinter dem erstaunlichen Beschweigen der deutschen spezifischen Kriegsanteile vielleicht eine Denkungsart, die einer meiner amerikanischen Freunde so charakterisierte: „Die kritische Öffentlichkeit in der Großmacht USA kritisiert die Machtpolitik der USA. Die kritische Öffentlichkeit in der Großmacht Deutschland kritisiert …die Machtpolitik der USA“, also ein Unvermögen auch großer Teile der Friedensbewegung, sich mit den neuen deutschen Machtstrategien seit 1990 und besonders seit 1998 adäquat zu befassen?

Wer aber die deutsche Rolle im Vorfeld des Kosovo-Krieges auszublenden sucht, bekommt auch die gegenwärtigen gefährlichen Entwicklungen nur unzureichend in den Blick. Denn erneut hat sich vor gut vier Wochen die deutsche Politik – von der Öffentlichkeit kaum beachtet – als eine Speerspitze präsentiert. Als die UCK-Attacken in Mazedonien ihren Höhepunkt erreichten, goß der deutsche Außenminister mit seinem Diktum:„Die albanische Frage ist offen“ nicht Wasser, sondern Öl auf das Feuer. Dieses Diktum ist an die alte Parole „Die deutsche Frage ist offen“ angelehnt und orientiert nicht auf die Stabilisierung bestehender Grenzen, sondern, ganz im Gegenteil, auf deren Veränderung, was hinsichtlich der Großalbanien-Idee jedoch stets das Risiko größerer Blutbäder impliziert.

Ich bin den Veranstaltern also dankbar für die ihre Bereitschaft, sich einem weithin tabuisierten Thema in aufklärerischer Absicht zu nähern und muß doch zugleich meine Verzagtheit eingestehen, ein solch riesiges Thema, in nur wenigen Minuten behandeln zu sollen.

Wie wohl allen in diesem Saal bekannt ist, wurden 1991 Kroatien und Slowenien in einem deutschen Alleingang anerkannt, was verheerende Folgen nach sich zog. Nicht umsonst bezeichnete Cyrus Vance, der langjährige amerikanische Balkanbeauftragte den sich anschließenden Bosnien-Krieg als „Genscher´s war“. Vier Jahre später knüpfte die deutsche Außenpolitik in Bezug auf das Kosovo an die Anerkennungspolitik von 1991 an. 1995 unterzeichnete die Bundesregierung in Tirana eine deutsch-albanische Grundsatzerklärung, die “zur Lösung der Kosovo-Frage”, wie es dort heißt, ein „Selbstbestimmungsrecht“ für die Kosovo-Albaner und damit de facto deren Recht auf Sezession ausdrücklich bejaht. Vier Jahre nach der Anerkennung eines völkisch definierten Selbstbestimmungsrechts für Kroatien und Slowenien war diese Erklärung die Ankündigung, Jugoslawien mittels eben dieses Instruments noch weiter zu zerstückeln. Doch warum erkannte die Bundesrepublik 1995 die „Republik Kosova“ nicht diplomatisch an? „Das will ich ihnen sagen“, antwortete der damalige Außenminister Klaus Kinkel auf eben diese Frage. „Sollen wir Deutschen wirklich allein so vorpreschen? Das wäre eine schlechte deutsche Außenpolitik.“ Statt im Alleingang vorzupreschen, profilierte sich Deutschland politisch und materiell als das wichtigste Hinterland eines organisierten Seperatismus der nationalistischen Kosovo-Albaner, die, wie etwa Ibrahim Rugova, aus ihrer Orientierung auf ein Großalbanien niemals einen Hehl gemacht haben. Soviel zu 1995.

1996 trat die UCK erstmals öffentlich in Aktion und schon diese erste Aktion war typisch für ihren Stil: 5 serbische Flüchtlingsdörfer wurden zeitgleich mit Bombenanschlägen attackiert. Es ist kein Zufall, dass schon diese erste Aktion die Handschrift der alten kosovo-albanischen SS-Division „Skanderbeg“ von 1944 trug. Denn sowohl den „Skanderbeg“- wie auch den UCK-Militanten ging es niemals um individuelle Selbstbestimmung oder um die Erkämpfung eines irgendwie gearteten eigenen Staates, sondern stets um einen „ethnisch gesäuberten“ Staat. Der Freiheitsbegriff der UCK war von Anfang an und ist bis heute an der Großalbanien-Realität zwischen 1941 und 1944 und somit am nationalsozialistischen „frei von“ orientiert: Frei von Juden, frei von Roma, frei von Serben, von Türken und mazedonischen Slawen. Schon in den frühen 80er Jahren hat dieser radikale kosovo-albanische Nationalismus das Konzept der „ethnischen Reinheit“ propagiert und praktiziert: lange bevor es einen Milosevic auf der politischen Bühne überhaupt gab.Doch trotz ihres völkisch-faschistoiden Gesellschaftsmodell haben deutsche Geheimdienststellen den Aufbau der UCK von Anfang an unterstützt. Der BND und der MAD „haben sich beim Training und bei der Ausrüstung der Rebellen engagiert, um deutschen Einfluss in der Balkanregion zu zementieren”, berichtete etwa die Zeitschrift The European.

1997 wurde die bislang latente Krise im Kosovo akut. Nachdem in Albanien das Bankensystem zusammengebrochen war, entlud sich die Wut der dortigen Bevölkerung im sogenannten „Pyramidenaufstand“, in dessen Folge die Waffenlager der albanischen Armee geplündert wurden. Als Herausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung verlieh Johann Georg Reißmüller in jenen Tagen seiner Hoffnung Ausdruck, “dass sich in Albanien Abenteurer jetzt Waffen beschafften, die sie ins Kosovo bringen möchten”, was in der Tat auch geschah. Nach dieser plötzlichen Bewaffnung der UCK-Guerilla erhielt deren diskrete deutsche Rückendeckung schlagartig neues Gewicht, was auch in Washington nicht unbemerkt blieb:”Die amerikanische Regierung sieht es ungern, dass sich die deutsche auf dem Kosovo politisch engagiert”, schrieb 1997 der schon erwähnte Reißmüller in der FAZ.

1998 schließlich – genauer gesagt: Ende Februar 1998 – provozierte die UCK mit immer neuen Morden an Serben eine nicht entschuldbare, blutige und außer Kontrolle geratenen Vergeltungsaktion serbischer Sondereinheiten – nach jugoslawischen Angaben wurden 67 Kosovo-Albaner, darunter Frauen und Kinder getötet – die schlagartig die Kosovo-Krise in die Schlagzeilen der Weltöffentlichkeit katapultierte.
Fast alle Nato-Staaten verfolgten im Sommer 1998 jedoch eine Politik, die der jetzigen in Mazedonien ähnlich war: So setzten die USA auf eine Strategie des Dialogs zwischen gemäßigten kosovo-albanischen Nationalisten und der serbischen Führung und unterstützen diskret der serbischen Versuch, die UCK mit militärischen Mitteln zu zerschlagen. „Jede Nation hat das Recht, ihre Bundesstraßen zu kontrollieren“, erklärte lakonisch ein Regierungsbeamter der USA.
Dieser Ansatz des politischen Dialogs und der De-Eskalation blieb jedoch so lange zum Scheitern verurteilt, wie die Waffen- und Rekrutenlieferungen an die UCK via Albanien anhielten und der Guerillakampf weiter eskalierte. Schon damals stand – wie heute im Fall Mazedonien – die Frage der Unterbindung der Waffenlieferungen an die UCK an der Spitze der Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft. Der stellvertretende US-Außenminister unter Clinton, Strobe Talbott, forderte massivere Grenzkontrollen in Albanien. Der UN-Sicherheitsrat beschloss ein umfassendes Waffenembargo, das insbesondere auf den Waffenschmuggel zugunsten der UCK gemünzt war. Der damalige albanische Ministerpräsident und UCK-Gegner Fatos Nano bat die Nato „um Unterstützung bei der Unterbindung des Waffenschmuggels sowie bei der Bewachung der Sprengstofflager im Nordosten des Landes“ Und im Mai 1998 zogen schließlich auch die Außenminister der sechzehn Nato-Staaten die Stationierung von Truppen im albanisch-jugoslawischen Grenzgebiet ernsthaft in Betracht: „Nach Schätzungen von Nato-Militärs wäre für die Sicherung der Grenze Albaniens zum Kosovo der Einsatz von 7.000 bis 20.000 Soldaten erforderlich.“
Angesichts dieser Entwicklung schlug die UCK Alarm und warnte die Nato, Truppen an der albanisch-serbischen Grenze zu stationieren, „weil wir dies als eine zweite Offensive gegen unsere Freiheit … betrachten würden.“ Während dies die Nato nicht beeindrucken konnte, trat nun aber der stärkste Verbündete der UCK aus seiner Deckung hervor: Gegen die militärische Unterbindung des Waffenschmuggels legte Deutschland sein Veto ein.
„Natürlich muss man sich überlegen, ob man von der moralisch-ethischen Seite her die Kosovo-Albaner vom Kauf von Waffen zur Selbstverteidigung abhalten darf“, erläuterte der damalige Außenminister Klaus Kinkel die deutsche Position. Gänzlich unverblümt ergriff Verteidigungsminister Volker Rühe Partei: „Das Problem Kosovo kann nicht gelöst werden, indem ich Truppen nach Albanien schicke, dort die Grenze zum Kosovo dichtmache und so das Geschäft des Herrn Milosevic betreibe.“ Dies war die entscheidende Zäsur.
Die deutsche Parteinahme für die UCK war im Juni 1998 von derselben provokativen Qualität, wie die Parteinahme für den kroatischen Präsidenten Franjo Tujman im Dezember 1991: In beiden Fällen war die Bundesregierung ungeachtet der Position der anderen Nato- und EU-Mitgliedsländer im Alleingang vorgeprescht. In beiden Fällen galt die Schützenhilfe einer politischen Bewegung, deren Vorläufer mit der Politik des Nationalsozialismus verbündet war.
Während es im Sommer 1998 den USA noch um die richtige Methode der UCK-Zerschlagung ging, stand Deutschland als einflußreiche Schutzmacht der UCK auf der anderen Seite der Front. Damit stießen innerhalb der Nato zwei sich widersprechende Zielvorstellungen aufeinander: Sollte die Nato ein Instrument gegen oder ein Hilfsmittel für die UCK sein? Sollte sie es sich zur Aufgabe machen, die territoriale Ordnung auf dem Balkan aufrecht zu erhalten? Oder sollte sie sich mit denen solidarisieren, die Serbien verkleinern und die Grenzen dieser Region zu verändern suchten? Zwischen dem 28. Mai und dem 11. Juni 1998 traf die Nato jene richtungsweisende Entscheidung, die die gegenwärtigen Eskalationen im Kosovo, in Mazedonien und im südlichen Serbien notwendig nach sich zog. Der deutsche Verteidigungsminister setzte sich in der Nato-internen Auseinandersetzung durch und hatte, so die spätere „Laudatio“ der FAZ, „Deutschlands Bündnisfähigkeit und, dagegen ist nichts einzuwenden, seinen Führungswillen bewiesen.“

Mit einer bloßen Schützenhilfe für die nationalistische Rebellen-Armee war es freilich nicht getan. Von Anfang an zielte die provokatorische Strategie der UCK und ihrer deutschen Helfer darauf ab, die Nato in den Krieg gegen Milosevic hineinzuziehen. „Kinkel droht mit Eingreifen der Nato im Kosovo“ – lauteten am 5. Juni die Schlagzeile der FAZ. „Die Vereinigten Staaten lehnen im Gegensatz zu Deutschland eine schnelle Entscheidung über ein militärisches Eingreifen ab“, hieß es einen Tag später am selben Ort.
Mit der Forderung nach einem Eingreifen der Nato war es freilich nicht getan, denn es lag auf der Hand, dass Rußland im UN-Sicherheitsrat die Zustimmung zu diesem Krieg versagen würde. Es war also nicht Washington, sondern das damalige Bonn, das erstmals und folgerichtig die Frage eines Kosovo-Kriegs auch ohne UN-Sicherheitsmandat auf die Tagesordnung setzte. „Mr. Rühe erklärte, dass die Nato-Aktion selbst ohne UN-Resolution in Angriff genommen werden könnte“, schrieb im Juni 1998 die Londoner Times.
Lassen Sie mich eine Minute an dieser Stelle verweilen. Denn wir müssen, wie alles, was die deutsche Außenpolitik tut, auch diesen Vorstoß eines deutschen Regierungsmitglieds in seinem historischen Kontext interpretieren. Hier begann sich Deutschland erneut als „Papierfetzen-Land“ zu qualifizieren. Zu Beginn des I. Weltkriegs hatte Wilhelm II. die belgische Neutralitätserklärung für einen „Papierfetzen“ erklärt und das Land überfallen. Nachdem 25 Jahre später, im März 1939, die Wehrmacht Prag überfallen und das Münchener Abkommen von 1938 damit in Fetzen gerissen hatte, schrieb der damalige französische Botschafter in Berlin: „Deutschland bleibt das Land der ,Papierfetzen‘.“ Die Forderung Volker Rühes nach einer Militäraktion ohne Zustimmung des UN-Sicherheitsrats stand in dieser unglückseligen Tradition: Mit ihr wurde nicht nur die Charta der Vereinten Nationen zerfetzt, sondern zugleich der der 2&4-Vertrag und das Grundgesetz zu einem „Papierfetzen“ degradiert.
Im Sommer 1998, als Volker Rühe sich so äußerte, war der Bundestagswahlkampf in vollem Gange. Hatten damals SPD und Grüne den Vorstoß Volker Rühes kritisiert? Leider war das Gegenteil der Fall. Ein UN-Beschluss, erklärte damals Rudolf Scharping, sei zwar wünschenswert. Aber „es kann notwendig werden, äußersten falls auch vorher militärisch einzugreifen.“„Letzthin schien es so“, berichtete am 9. Juni 1998 die FAZ, „dass die SPD einem Nato-Einsatz …auch ohne UN-Mandat zustimmen würde. Damit überholte die SPD sogar die Bereitschaft der Regierung zum Mitwirken.“ Doch auch der Spitzenkandidat der Grünen stand dieser Bereitschaft nicht nach. „Fischer fordert Intervention im Kosovo-Konflikt“ – lautete am 10. Juni die Schlagzeile der FAZ. Zwar halte er, so Fischer, „ein Mandat der Vereinten Nationen (für) unerlässlich“. Er könne sich jedoch auch „eine Situation konstruieren, in der ein UN-Mandat hinfällig wird.“ Am Tage dieser Erklärung zitierte die New York Times den Sicherheitsberater der Weißen Hauses, Sandy Berger, mit den Worten: „Eine amerikanische militärische Intervention steht nicht zur Debatte.“ Wie schrieb so zutreffend der deutsche Brigadegeneral Heinz Loquai: „In einer Zeit, als die anderen (Nato-)Mitgliedsländer noch nicht daran dachten, machte sich die deutsche Politik zu einer Speerspitze für einen direkten militärischen Einsatz im Kosovo.“

Erlauben Sie mir wenigstens einen Satz zur Rolle der USA, deren Verantwortung für die mörderische Kriegsführung ich mit meiner Analyse in keiner Weise verkleinern will.
Niemals war das Kosovo für Washington von strategischer Priorität, wohl aber die Nato und der amerikanische Einfluss in Europa mithilfe der Nato. In mehrfacher Hinsicht aber war das Kosovo seit dem Sommer 1998 mit dem weiteren Schicksal der Nato verquickt. Zutreffend hat der stellvertretende US-Außenminister der Clinton-Administration, Strobe Talbott, in einer Rede über die Veränderungen auf dem Balkan und in der Nato Deutschland „als (das) Epizentrum dieser Prozesse – Erweiterung und Expansion, Ausdehnung und Vertiefung“ bezeichnet. Und auch Henry Kissinger hatte Recht, als er davon sprach, dass die USA „in den Kosovo-Konflikt hineingeschliddert“ seien, „ohne alle damit verbundenen Implikationen adäquat zu berücksichtigen.“ Die deutsche Politik aber ist in diesen Krieg nicht hineingeschliddert und erst recht nicht von den USA hineingezogen worden sondern hat ihn maßgeblich angebahnt. Die frühere und jetzige Bundesregierung hat in dem seit langem bestehenden Konflikt zwischen Serben und Kosovo-Albanern vollständig einseitig Partei ergriffen und diesen Konflikt aus machtpolitischem Interesse gezielt angeheizt. Diese Politik wird heute in einer modifizierten Form fortgesetzt. Denn zwischen Fischers Speerspitze vor vier Wochen und der deutschen Speerspitze vor gut vier Jahren besteht ein Zusammenhang. Es ist zu befürchten, dass Berlin die sogenannte „albanische Frage“ so lange für offen erklärt, bis das erklärte UCK-Ziel: die Unabhängigkeit des Kosovo als Voraussetzung eines Anschlusses an Albanien erreicht ist. Bis heute trifft darüberhinaus leider zu, was der norwegische Publizist Johan Galtung über eine Ursache der deutschen Anerkennungspolitik von 1991 einst formulierte: „Ich sage, dass Deutschland hier ein Verbrechen begangen hat.“ Und doch sei nicht die Regierung das Hauptproblem. Weitaus bedrückender sei, „dass man das nicht diskutiert hat. Das Schlimmste hat eigentlich mit der Öffentlichkeit in Deutschland zu tun.“

(Nicht veröffentlicht.)